Informationsfreiheit
Am 12.11.2004 präsentierte die Libelle eine Diskussion zum Thema „Informationsfreiheit“. Im folgenden dokumentieren wir die Veranstaltungsankündigung und die protokollarischen Fragmente eines der Anwesenden:
VERANSTALTUNGSANKÜDNIGUNG
Was ist Informationsfreiheit? Ist Informationsfreiheit nur eine leere Worthülse, quasi etwas völlig absurdes? Alles nur großer Fake? Oder doch etwas ganz wichtiges, wofür es sich zu kämpfen lohnt?
PROTOKOLLARISCHE FRAGMENTE
[notwendige Vorbemerkungen: Folgendes ist hauptsächlich ein Protokollversuch der Diskussion bei der Veranstaltung und keine Wiedergabe des vom Referenten Gesagten. Da sich in den meisten Punkten nicht abschließend geeinigt wurde, spiegelt das hier wiedergegebene lediglich die Positionen einzelner VeranstaltungsteilnehmerInnen wider. Und da die Diskussion relativ unstrukturiert war, habe ich nur einen Teil der geäußerten Positionen und Argumente mitschreiben können, woraus sich der fragmentarische Charakter ergibt.]
1.) Grundlegendes
Gleich zu Anfang wurde aus dem Publikum die Frage aufgeworfen, ob Informationsfreiheit aus der Sicht des Sendenden oder des Empfangenden gemeint sei. Dies nutzte der Referent um seine These anzubringen, dass es unabhängige Informationen nicht geben könne, da diese immer abhängig von der Intension des Sendenden und ihrer Aufnahme durch den Empfangenden abhängig seien. Dagegen wurde eingewandt, dass es in diesem Zusammenhang eine (zu) weite Definition von ”šunabhängig’ sei, wenn damit Unabhängigkeit von sämtlichen Vorraussetzungen gemeint sei. Von ”šunabhängig’ ließe sich hier auch schon sprechen, wenn es keine äußere Beeinflussung in der Kommunikation zwischen Sendenden und Empfangenden gäbe.
Als nächstes wurde vom Referenten die These geäußert, dass Kommunikation und Information immer politisch sei. Daran entspann sich zunächst eine Diskussion um den Begriff ”špolitisch’, der eine Ausrichtung auf staatliches Handeln impliziere. Daher wäre stattdessen Antipolitik, als auf Abschaffung des Staates und des Verwertungsterrors gerichtetes Agieren, anzustreben. Der Referent stellte daraufhin klar, dass er mit ”špolitisch’ hier Gesellschaft verändernd meine — daher sei jede Information politisch, weil sie eine Wirkung habe. Um diese einzuordnen tauge das traditionelle links-rechts-Schema nichts. Ein Alternativvorschlag wäre ein Koordinatensystem mit einer Gleichheitsachse mit den Polen ”šegalitär’ und ”šelitär’ (was wenig Widerspruch hervorrief) und einer Freiheitsachse. Umstritten waren deren Pole. Wenn deren einer Pol ”šautoritär’ sei, was ist dann der andere? ”šLibertär’ wäre zu schwammig und zu vorbelastet, ”šantiautoritär’ kein eigener Inhalt oder Selbstschutzgrenzen nicht anerkennend etc. Außerdem wurde in Frage gestellt, ob es überhaupt sinnvoll sei, derlei Schemata aufzustellen, oder ob mensch damit nicht nur die moderne Soziologie nachahme, die alles in irgendwelche von ihr ausgedachten Schemata einordne, statt Ursachen zu untersuchen und zu erklären.
Da laut dem Referenten eine Information nicht frei von einer übergeordneten Bedeutung sein kann, ist für ihn Informationsfreiheit nicht möglich. Ähnlich wie bei ”šunabhängig’ wurde hier eingewandt, dass mensch klären müsse, wovon Information frei sein könne. Freiheit der Information von [impliziten und/oder expliziten] Inhalt, von Kommunikation und von gesellschaftlichen Bezügen (hier wurden mathematische Inhalte als Gegenbeispiel gebracht) sei unmöglich, Freiheit von staatlichen Eingriffen und von Zugangsbeschränkungen zu Kommunikation, Medien etc. hingegen schon.
2. Informationsfreiheit und Massenmedien
Hier wurde [so zumindest mein Eindruck] dann dieser engere Begriff von Informationsfreiheit zugrunde gelegt. Wird diese durch die von den Nachrichtenagenturen und den großen Medienkonzernen getroffene Auswahl eingeschränkt? Ist eine Auswahl nicht andererseits unumgänglich? Ist es also das Problem, dass bei vielen Medien die Auswahl nach ökonomischen (Information als Ware, Wille zum Erhalt des Systems, von dem sie profitieren, …) und/oder politischen (hier wurden ParteivertreterInnen in den Aufsichtsräten genannt — umstritten war, welchen Einfluss das hat) Kriterien getroffen wird? Wäre dann als Alternative tatsächlich ein vollkommener Informationspluralismus anzustreben, bei dem verschiedene Medien über die qualitätsvollsten Informationen konkurrieren würden? Wenn ja: wie wäre ein solcher herzustellen — das Medienoligopol, was einen Marktzugang schwer ermögliche, wurde hier als Hindernis genannt. Außerdem ist zu bezweifeln, dass es überhaupt eine Nachfrage nach den qualitativ hochwertigsten Informationen besteht.
Damit kam dann auch der Informationsempfänger ins Gespräch. Dieser sei bei der Auswahl seiner Information(squell)en durch Zeit- und Konzentrationsprobleme, welche nicht zuletzt mit dem Zwang zur persönlichen Reproduktion über Lohnarbeit, Studium etc. zusammenhängen, häufig überfordert. Darauf aufbauende Medientrends wie Infotainment würden durch Reizüberflutung das Problem nur weiter verschärfen und so einen Teufelskreis der Unmündigkeit verursachen. Bei der nötigen individuellen Selektion und Ordnung der Informationen käme zudem erschwerend hinzu, dass vielen die Mündigkeit abgehe, sich Informationen über die Schlechtigkeit der Welt zuführen zu wollen, da diese der eigenen Anpassungsleistung an diese widersprechen würden.
3.) Alternativen/ Wie können wir agieren?
Hier wurden hauptsächlich über mögliche Finanzierungsquellen für Nicht-Mainstreammedien zum einen und über alternative Lizenzmodelle zum Copyright zum anderen informiert und diskutiert, was ich jedoch nicht mitgeschrieben habe.
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