Unbefristeter Arbeitskampf im Kino Babylon [Berlin]

Wir haben bereits über den Arbeitskampf der Belegschaft und der FAU-Betriebsgruppe im Berliner Kino Babylon berichtet. Nun tritt die Auseinandersetzung in die nächste Runde. Es geht um einen Haustarifvertrag, den die Beschäftigten zusammen mit der FAU Berlin ausgearbeitet haben: für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen.

prekba - prekäres Babylon

Das Berliner Kino „Babylon Mitte“ kann auf eine 80-jährige Tradition zurückblicken. Auch in einer an Kultur so reichen Stadt wie Berlin kann sich das halbkommunale Programmkino im aufwendig restaurierten sowie denkmalgeschützten Spielort sehr gut behaupten. Leider hat sich dieser Erfolg bisher nicht auf die Arbeitsbedingungen übertragen. Angesichts ausbleibender Verbesserungen haben die Angestellten die Dinge nun in die eigenen Hände genommen.

Sie haben genug von der schlechten Bezahlung (5,50-8 Euro pro Stunde), befristeten Arbeitsverträgen, Kündigungen unmittelbar vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit, genug davon, dass sie es kaum wagten nach Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahltem Urlaub zu fragen, weder Nacht- noch Feiertagszuschläge erhalten, kurzum: sie haben genug davon unter vollkommen prekären Bedingungen zu arbeiten.

Diese Arbeitsbedingungen überraschen besonders in einem Kino, das für sein politisches und gesellschaftskritisches Programm bekannt ist, und das jährlich mit mehreren hunderttausend Euro vom Senat unterstützt wird.

Um die Situation zu verbessern, hatten einige MitarbeiterInnen beschlossen, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren und traten der Freien Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) bei. Sie entschieden sich für die FAU, da sie sich dort am ehesten selbst einbringen können und hatten auch nicht vergessen, dass sich die Gewerkschaft schon früher für einen ihrer Kollegen engagierte. Nach einem turbulenten Start und der versuchten Kündigung mehrerer Gewerkschafter legte die FAU am 6. Juni 2009 einen Entwurf für einen Haustarifvertrag vor. Die Geschäftsleitung erklärte daraufhin, sie erkenne die FAU nicht als Verhandlungspartner an.

FAU Berlin am Mayday 2009 from michael weber on Vimeo.

Die Geschäftsleitung gab an, nicht mit der FAU zu verhandeln, weil diese vom Verfassungsschutz beobachtet werde, da sie unter anderem die G8-Proteste und den Arbeitskampf in einer Fahrradfabrik unterstützt hat. Dass „Die Linke“, die das Babylon mit Senatsgelder unterstützt, ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet wird, stört die Geschäftsleiter dabei nicht. Ebenso war es für die Geschäftsleitung bisher kein Problem, mit der DKP oder der Berliner Antifa zusammenzuarbeiten, welche ebenfalls unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen.

Die Geschäftsleitung gab gegenüber ihren Beschäftigten an, für weitere Auskünfte stets bereit zu sein. In die wirtschaftliche Situation des Kinos wurde bisher jedoch kein Einblick gewährt, wie vom Betriebsverfassungsgesetz jährlich vorgesehen wäre. Vielleicht weil die kostspieligen Rechtsverfahren gegen die eigenen Angestellten große Löcher ins Budget geschlagen haben?

Am 16. Juni 2009 erklärte die FAU, dass sie von jetzt an in einen unbefristeten Arbeitskampf treten werde, um die Geschäftsleitung an den Verhandlungstisch zu bewegen. Inzwischen ist etwa ein Viertel der Beschäftigten in der FAU organisiert, ein Großteil der Beschäftigten unterstützt die Aktivitäten der FAU, die täglich die BesucherInnen des Kinos vor Ort informiert und mehrmals Kundgebungen vor dem Kino veranstaltete. Doch weder dies noch die Berichterstattung über die Verhältnisse im Babylon haben bislang die Geschäftsleitung zu Verhandlungen bewegt. Doch die Angestellten und die FAU werden nicht klein beigeben bis ihre Forderungen nach würdigen Löhnen und abgesicherten Arbeitsbedingungen erfüllt sind.

Zusätzlich gibt der 8-minütige Kurzfilm des Freundeskreises Videoclips einen guten Einblick in die prekären Arbeitsbedingungen im Kino Babylon.

English translation

Kommentare

Schreibe einen Kommentar